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Der Faule Bach und sein Grün

Ein Helmstedter Bachlauf

Ich hadere mit Helmstedt. Ich bin enttäuscht von seinen Bewohnern, von den lebenden und den toten. Sie sollten Mitleid und Verständnis haben für den, der schwach und der Hilfe bedürftig ist, statt ihn zu verhöhnen, nicht überheblich, rücksichtslos und egoistische gegen ihn sein und ihn faul nennen. Er ist nicht träge oder faul oder giftig Sein Schicksal ist von uns gemacht. Wir haben ihm die Adern abgeklemmt, wir haben ihn mit Abfall beladen, und doch hilft er noch immer, uns in der Stadt wohl und zuhause zu fühlen.

Oben am Waldrand an der Grenze Helmstedts entdecken wir ihn. Er sammelt sich in einem kleinen, mit festem Draht gesicherten See. Himmel und Wolken spiegeln sich darin und die dichten Büsche an seinem Ufer. Fast unsichtbar begleitet er den schönen Weg an der Bebauungsgrenze entlang bis zur Leipziger Straße, dann zur Saalfelder, duckt sich tief unter den Magdeburger Bahndamm, berührt die Kleingartenanlage an der Magdeburger Straße, um nach wenigen Metern den Park am Piepenbrink zu erreichen.

Dieser Park erstreckt sich mit 123.437 cm weiträumig zwischen dem Magdeburger Bahndamm, der ihn im Osten umfasst, den Anlagen am Magdeburger Tor und der Beendorfer Straße. Auf drei größeren Wegen kann an ihn durchwandern. Weite Grünflächen wechseln ab mit Baumgruppen und Gebüsch, dem Spaziergänger immer neue An- und Aussichten eröffnend. Auf einem künstlichen Hügel an der Flanke der Bahnlinie befindet sich der höchste Punkt des Parks mit 148,03 m über NN, kenntlich gemacht durch eine mit Glyzinien bewachsene Pergola. Von hier überblickt man den ganzen Park, und noch weiter über die hohen Lindenbäume der Beendorfer Straße hin und bis zum kraftvollen Kirchenschiff der St.StephaniKirche, eine Sicht so weit, wie sie keine andere Parkanlage der Stadt bietet. Der tiefste Punkt des Parks liegt in der Beendorfer Straße mit 129.165 m über NN.

Die Grünanlage wurde als allgemeine Grünanlage mit viel Freiraum gebaut. Sie soll damit Platz für allerlei Aktivitäten bieten. Spielmöglichkeiten finden sich aktuell in Form von 2 Spielplätzen, einem Bolzplatz und einer durch den HTV betriebenen Disc-Golfanlage. Daneben gastiert hier auch jedes Jahr die Reitbahn Frank. (Guido Kuschenek, städt. Gartenbaumeister)

Ein Erlebnispfad vermittelt botanische Kenntnisse. Ein Eingang ist offen für den Besuch der Gaststätte des Tennisplatzes.

Und wo ist er, der Bach? Versteckt verläuft er durch den Park. Nur an wenigen Orten zeigt er sich offen. Manchmal nur erkennbar durch beschnittene Korbweiden, durch Sumpfpflanzen, die vom Weg aus zu erkennen sind.

Wieder unterquert er den Bahndamm, berührt die Sportplätze des Julianums und erreicht das Gelände des Ludgeri-Klosters. Jetzt ist es Ende Mai 2024. Ich versuche, mir ein Bild vom Park zu machen, dem Park an der "Liebesinsel". In meiner Kinderzeit, als der Hof sich noch fest in der Hand des "Amtmann Brandt " befand, durfte ich den kleinen Park besuchen.

Dichte hohe grüne Eschen umschatteten den kleinen Teich. An eine Bank glaube ich mich erinnern zu können. Ein Bachlauf von links aus der Gegend der damaligen "Brandt"schen Wiesen" geht in den Teich und verlässt ihn in Richtung Bach. Jetzt sehe ich, dass der kleine Teich deutlich höher liegt. Ein kleines Stauwerk verhindert sein Auslaufen. Die Anpflanzung eines neuen Baumes zeigt an, dass der Park neu gestaltet wird.

Nach Auskunft alter Domänenarbeiter wurden aus dem Aufwuchs früher Werkzeugstiele für die Domäne gewonnen. Auf der Insel standen einst einige wenige besondere Bäume, wie z. B. ein Liriodendron tulipefera auch Tulpenbaum genannt. Aktuell mussten viele der Eschen gefällt werden, da sie an Eschentriebsterben unheilbar krank waren. (Guido Kuschenek, städt Gartenbaumeister)

Viele der hiesigen Gewässer sind verarmt. Noch zu meiner Kinderzeit in den 30er Jahren war in der Brunnenstube des St. Ludgeri-Denkmals Wasser. (Dazu Hans Ehrhard Müller, Helmstedt, 1998, Seite 218ff)

Gestern lagen bei meinem Besuch im Bereich des Parks noch Stapel geschlagener Eschen. Sie sind heute bereits abgefahren. Aber noch stehen hohe Bäume um den Teich. Ich erkenne Eschen, Hainbuchen, eine Birke, viele Ahorn. Es ist dichter Unterwuchs vorhanden. Zur Straße hin begrenzt eine Balustrade den Park. Vor ihr lag einmal ein Teich, dessen Fischbestand in der Fastenzeit den Bewohnern des Klosters erlaubte Speise bot. Heute sieht man auf die Streuobstwiese. Der Bach durchläuft sie unbefangen, verlässt sie durch ein Tor in das Ostendorf, um nach wenige Meter tief einzutauchen in die Eingeweide der Stadt.

Eine alte Karte macht deutlich, dass sich aus einem der Klosterteiche ein Wasserlauf auf der Außenseite der Wallung in Richtung Sternberger Teich bewegt. Sein Anfang an der Schillerstraße war vermutlich der Grund für seinen Namen "Schillergraben". Wir folgen ihm und treten ein in ein dicht mit Büschen und Bäumen bewachsenes Gebiet zwischen Goethestraße und Langer Wall. Am Anfang befindet sich der Spielplatz. Weiter führt der Weg durch ein Gelände mit Wiesen und malerischen Baumgruppen, zur Goethestraße hin durch dichtes Gebüsch gesichert. Ein anderer verborgener Weg, mehr ein Pfad, verläuft neben dem Bach unmittelbar am Fuß des Walls. Die Außenseite des Walls bietet ein üppiges Angebot. Hier stehen die knorrigen wilden Eichen mit den unbeherrschten schweren Ästen im Himmel, die mächtigen Stämme dicht umstanden von Büschen und jungen Bäumen. Die Lindenbäume (meistens) auf dem Damm des Walles jedoch sind wohlgehalten. Sie beschützen die Spaziergänger. Sonnenstrahlen fallen durch das vom Wind bewegte Laub und beleben den Anblick. In einer Nische öffnet sich der Blick auf die Türme der Altstadt. Dass sich im ebenerdigen Gebäude vor der Schillerstraße einmal das "Goethe-Cafe" befand, weiß vielleicht außer mir niemand mehr.

Hier ist Zeit für einen Rückblick besonderer Art. Im nächsten Bereich des Langen Walles befanden sich mehrere große und oft frequentierte Gaststätten, auf dem Wallplatz "Seeleckes Saalbau.", auf dem Langen Steinweg der "Schützenhof", am Nordertor "Der goldene Engel" und an der Masch das "Schützenhaus".

Die Lauschigkeit des Walles bot Besuchern der lärmenden Feste oft Gelegenheit, sich zu einem stillen Gespräch zurückzuziehen. Beleuchtung störte. So wurden die Versuche der Stadt, den Wall mit Laternen zu erhellen, mehrmals rigoros vereitelt. Man wollte Ruhe und Schatten. Die Stadt hat dann resigniert.

In anderer Richtung geht der Wall dem Sternberger Teich zu. Versöhnt uns der kühne Name "Schillergraben" mit dem "faulen Bach"? Auf der Bank über dem Sternberger Teich bedenke ich, was ich gesehen habe. So gegensätzlich die Anlagen sind, so haben sie etwas gemeinsam. Sie sind Ergebnis gärtnerischen Denkens und Planens mit den Kräften der Natur. Mensch und Natur haben sie gemeinsam geschaffen. Der Gärtner gibt der Natur Raum zum Wachsen. Er zwingt sie nicht in eine barocke Schablone seiner Vorstellung, er lässt sie vielmehr ihre natürlichen Formen entwickeln. Gärtner und Natur sind zu einem gemeinsamen Ergebnis verabredet. Dass die beiden lebenslang miteinander zu tun haben werden, liegt in der Natur der Sache.

Das Ergebnis gibt, bei jedem Wetter und zu jeder Jahreszeit, Grund zur Freude an lebendiger Natur.
Ich, inzwischen gehbehindert, erfreue, erheitere mich auf dem Weg durch die Jahreszeiten, und ich genieße Sonne, Wind und Regen in Helmstedts schönen Gärten.

Beitrag: Joachim Giermann 2024



Quelle:
Helmstedter Altstadt-Brief   
Ausgabe:  1 / 2025
Herbert Rohm

Seit dem 22.02.2025 wurde diese Seite 2492 mal aufgerufen.

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