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Der Albrechtsplatz

Ein Bericht von Joachim Giermann

Nach dem Tode des Herzogs Wilhelm von Braunschweig wurde er am 21.10.1885 von der Landesversammlung zum Regenten gewählt und am 2. November übernahm Friedrich, Wilhelm, Nikolaus, Albrecht Prinz von Preußen die Regierung des Herzogtums Braunschweig

- Wolfenbüttel -Meyers Konversationslexikon 1898 -

Diese kurze Mitteilung sagt nichts aus über das Befinden der Bevölkerung im Land. Es ist aber davon auszugehen, dass einerseits die Braunschweiger erleichtert waren, ihr Herzogtum erhalten zu können, dass aber andrerseits die welfischen Vorbehalte gegenüber den Preußen noch lebendig waren. Der Schlachter Rollwage in Braunschweig dekorierte anlässlich des fürstlichen Regierungsantrittes sein Schaufenster mit vielen kleineren, gleich großen und einer ganz großen Braunschweiger Mettwurst. Er dichtete: Was diese Wurst ist unter den Würsten, Bist Du, Prinz Albrecht, unter den Fürsten. So wird berichtet.

Aber der siegreiche Krieg und die Reichseinigung hatten ein lebhaftes Gefühl der Zusammengehörigkeit geschaffen, und so kam man dem Prinzen, der ein dekorierter Militär war, auch mit Hochachtung entgegen. In Helmstedt erhielt der Platz zwischen Schützenwall und Gröpern seinen Namen. Auch erinnere ich mich an Kinderferien in den 30er Jahren in Groß Steinum, wo das Gasthaus (mit Saal) den Namen des Prinzen trug. Wie hoch die Wellen der Preußenverehrung später trugen, kann man dem Aufruf im Kreisblatt vom 15. August 1896 entnehmen.

An die Bürgerschaft der Stadt Helmstedt

Der am 22. März 1897 eintretende 100jährige Geburtstag unseres heimgegangenen Heldenfürsten, des hochseligen Kaisers Wilhelm I. hat den Gedanken nahegelegt, in unserer Stadt ein KRIEGER UND SIEGES Denkmal zu errichten, das zur steten Erinnerung an das segensreiche Wirken unseres Heldenkaisers, an die glorreiche Wiederaufrichtung des deutschen Reiches und an die Ruhmesthaten unserer tapferen Brüder dienen soll.

Aber es wurde, wie im ganzen Herzogtum nicht, kein Kaiserdenkmal, kein Standbild, nicht einmal eine Büste errichtet, sondern ein Kriegerdenkmal mit dem Standbild eines braunschweigischen Infanteristen des Regiments 92. Dieses Regiment war fest verankert im Bewusstsein der Bevölkerung. Noch bis zum 2. Weltkrieg kannte und sang jeder Braunschweiger das Couplet "Die treue Rieke“ mit den Zeilen " O, er ist ein Zweiundneunziger.“ Heinrich Engelke, mein Einziger…“

Der Platz, sein Name und das dann errichtet Denkmal beschäftigen uns noch heute. Recht betrachtet handelt es sich um zwei Plätze. Während der größere von den Häusern des Gröpern, der Albrechtstaße und der Baumreihe auf dem Schützenwall umfasst wird, liegt der kleinere zwischen den Fußsteigen der Straßen und dem Wall. Die beiden Plätze bilden zwar optisch eine Einheit, werden aber durch zwei lebhafte Straßen voneinander getrennt. Auch das Bild des Platzes ist disparat. Der Baumreihe des Walles, der mediterran anmutenden Bebauung der Albrechtstraße und der Marienstraße, der schlichten Bebauung des Gröpern widerspricht das Haus Gröpern 39 als frühneuzeitliches Fachwerkgebäude bäuerlichen Charakters.


Dem inneren Platz gibt das Kriegerdenkmal den Akzent. Der Platz nahm stets Teil am öffentlichen Leben der Stadt, sei es praktisch mit einem Getränkestand oder dem Pissoir, sei es kulturell in den dreißiger Jahren mit den Platzkonzerten der Kapelle Wolf oder in der Nachkriegszeit als Spielfeld. Zu Zeiten des Naziregimes war der Platz ein Treffpunkt der Organisationen. Für mich war in den ersten Kriegsjahren "Antreten um halb drei“ in Jungvolkuniform am Sonnabendnachmittag Pflicht.

Von einer Erinnerung muss ich berichten. Ich stand in Erwartung des Befehls mit zwei Mitschülern vor dem Haus des Bäckers Busch (heute "Die Grünen“). Auf der anderen Straßenseite standen zwei "Führer“ und redeten auf einen Jungen in Uniform ein. Der verließ die Versammlung. Uns wurde beiläufig mitgeteilt, der Junge könne nicht mitmachen, er sei Jude. Da ich mich des Namens erinnerte, habe ich nach dem Krieg versucht, etwas über sein Schicksal zu erfahren. Aber sein Nachname war in Helmstedt unbekannt.

Im Jahr 1942 drohte dem Denkmal der Abriss. Eine Sonderkommission suchte in Deutschland für die Rüstungsindustrie nach Metallschätzen und schreckte nicht vor der Vernichtung von Denkmälern zurück. Die hiesige Stadtverwaltung versuchte, das Denkmal zu verstecken. Das misslang. Doch das Denkmal rettete sich selbst. Es wies nach, dass es aus viel Gips, aber zu wenig Metall bestand.

Mehr politisches gab es auch zu späteren Zeiten! So erzählte mir eine Helmstedterin, auch sie habe an einem Treffen junger, friedensbewegter, politisch engagierter Menschen teilgenommen. Der Gesprächslärm, der Getränkepegel und der Mut zur Veränderung der Verhältnisse seien gestiegen und hätten zur Tat aufgerufen. Die sei erfolgt, indem man dem Krieger auf dem Sockel das gezückte Schwert entwunden habe.
In den Nachkriegsjahren wurden die auf dem Platz angelegten Spielfelder für Brettspiele gern benutzt.

Sehen wir wieder auf den Platz. Er ist bestimmt durch seine Gegensätze Die Bäume stehen gegen das Denkmal. Die mediterranen Bauten sehen verständnislos auf die schlichten Backsteinhäuser, und beide voller Hochmut auf das alte Bauernhaus, die verkehrsreichen Straßen bedrängen das kleine grüne Herz. Eine Neugestaltung müsste diese Gegensätze befrieden. Mit dem Klimawandel im Blick könnte er unter vielen schattigen Bäumen einen erholsamen Aufenthalt bieten.

Vielleicht ist es die beste Lösung, die Disparität des Platzes zu respektieren und seine Gegensätze zu gestalten.

Beitrag: Joachim Giermann, im Dezember 2022


Quelle:
Helmstedter Altstadt-Brief   
Ausgabe:  2 / 2023
Herbert Rohm

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